Wer war Fritz Steinhoff?

Fritz Steinhoff wurde am 23. November 1897 in Dortmund-Wickede als Sohn einer kinderreichen Bergarbeiterfamilie geboren.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie waren sehr ungünstig:
1912 verließ Fritz die Volksschule und musste durch Arbeit in der Landwirtschaft und im Bergbau zum Familieneinkommen beitragen.
1917 wurde er zur Marine eingezogen und arbeitete als Heizer auf einem Torpedoboot. Die Ereignisse des 1. Weltkriegs und der Novemberrevolution brachten ihn in Kontakt zum Sozialismus der SPD.
1919 wurde Steinhoff Mitglied der SPD und der Bergarbeitergewerkschaft. Er engagierte sich bei der Bergarbeiterjugend und dem eher konservativen Flügel der Jungsozialisten („Hofgeismarer Kreis“). Sein politisches Engagement brachte ihn dazu, die Tätigkeit als Bergmann (bis 1924) durch Fortbildungsmaßnahmen zu unterbrechen. So besuchte er
1921 die Heimvolkshochschule Dreißigacker in Thüringen und
1923-24 die „Akademie der Arbeit“ in Frankfurt / M., eine gemeinsame Einrichtung der Gewerkschaften und der Universität Frankfurt. Arbeitslos geworden, ging er
1925 nach Berlin zur „Deutschen Hochschule für Politik“, wo er u. a. bei dem späteren Bundespräsidenten Heuß Vorlesungen hörte. Es folge eine kurze journalistische Tätigkeit, bei der Steinhoff jedoch wichtige Parteikontakte in der westfälischen SPD knüpfen konnte.
1928 wurde Steinhoff „Parteisekretär“ der SPD in Hagen, nach Kommunalwahlen
1929 ehrenamtliches Magistratsmitglied. Er war für Jugendarbeit und Sport zuständig. Das Interesse an Kommunalpolitik blieb für ihn immer prägend, ebenso ein eher pragmatischer Ansatz von Politik, der den Ausgleich und die Zusammenarbeit mit anderen – demokratischen – Parteien suchte.
Unter Steinhoffs Einfluss gewann in der Hagener SPD, in der z. T. noch in der Tradition der USPD stehende, linke Tendenzen existierten, die offizielle – eher pragmatische – Politik der Partei an Bedeutung.
Zu Steinhoffs zentralen Aufgaben gehörte es, den Widerstand gegen den aufkommenden Nationalsozialismus zu führen.
Noch am 12. 2.1933 – nach der Machtergreifung – konnte die Hagener SPD 3.000 Teilnehmer zu einer antifaschistischen Kundgebung aktivieren. Nachdem SPD-Verbot im Juni 1933 ging Steinhoff in den aktiven Widerstand. Er arbeitete als Vertreter, was ihm gute Kontaktmöglichkeiten eröffnete.
1938 wurde er verhaftet, in der Dortmunder Steinwache gefoltert und zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Haftentlassung
1941 fand er Arbeit in der Iserlohner Firma eines NS-Gegners. Im Zusammenhang mit der Verhaftungswelle von Oppositionellen nach dem Attentat auf Hitler
1944 wurde er in das KZ Sachsenhausen gebracht. Nur knapp überlebte er diese Zeit.
1946 wurde Fritz Steinhoff Hagener Oberbürgermeister. Schwerpunkt seiner Tätigkeit war der Wiederaufbau der stark zerstörten Stadt. Steinhoff gelang dies in relativ kurzer Zeit, ein Umstand, der sicherlich zu seiner Popularität („Fritzken“) in Hagen beigetragen hat. Gleichzeitig war er auch auf landespolitischer Ebene tätig:
1946-61 war Steinhoff Mitglied des NRW-Landtages,
1949-50 war er Minister für Wiederaufbau.
Fritz Steinhoff 1949
1956 erreichte er den Höhepunkt seiner politischen Karriere: er wurde Ministerpräsident in Düsseldorf. Mitten in der Legislaturperiode stürzte er den CDU-Ministerpräsidenten Karl Arnold und bildete die bundesweit erste sozialliberale Landesregierung (unter Einschluss des Zentrums). Er konnte dabei auf die Unterstützung junger liberaler Politiker auch aus Hagen, wie z. B. Willi Weyer, zählen, die eine SPD-FDP-Koalition bevorzugten („Jungtürken“). Schwerpunkt der kurzen Amtszeit der neuen Regierung
bis 1958 war die Wissenschaftspolitik. Steinhoff als entschiedener Gegner der atomaren Aufrüstung der Bundesrepublik einerseits, war andererseits ein Befürworter der Kernenergie. Das Kernforschungszentrum Jülich wurde in seiner Amtszeit gegründet.
1959 Auch aus bundespolitischen Gründen verlor Steinhoff die Landtagswahl in diesem Jahr; die Zeit war noch nicht reif für sozialliberale Koalitionen.

1961 gewann Steinhoff ein Bundestagsdirektmandat in Hagen für die SPD und wurde nun Mitglied des Bundestages (bis zu seinem Tod.) Er musste das Landtagsmandat abgeben; ein Umstand, der eigentlich nicht seinen Absichten entsprach. Eine bundespolitische Karriere scheiterte an der für die SPD verlorenen Wahl.
Landespolitisch begann nun ein Abstieg für Steinhoff: Die jüngere SPD-Generation versuchte, ihn aus seiner Führungsrolle zu verdrängen.
1963-64 In Hagen gelang ihm jedoch nochmals ein Erfolg. Nicht nur mit SPD-Stimmen wurde er nochmals zum Oberbürgermeister gewählt, ein Zeichen für sein überparteiliches Ansehen in dieser Stadt.
1967 wurde er Hagener Ehrenbürger.
Am 20.10.1969 starb Fritz Steinhoff.
Fritz Steinhoff gilt als Typus eines Politikers, der sich durch Nähe zur Bevölkerung und persönliche Bescheidenheit auszeichnete.
Seine Hauptverdienste liegen sicherlich einerseits in seinem mutigen Kampf gegen die Nationalsozialisten sowie in den Leistungen für den Wiederaufbau der Stadt Hagen nach 1945.
An den ehemaligen Hagener OB erinnert das 1989 eingeweihte Denkmal am Rathaus. Die 1975 eröffnete erste Hagener Gesamtschule trägt den Namen Steinhoffs, eines Mannes, für den die bildungspolitische Chancengleichheit aus eigenem Erleben eine wichtige Forderung war.

(M.Woudenberg, ehemaliger Lehrer der Fritz-Steinhoff-Gesamtschule)